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Charles Goodyear - 200 Jahre Geburtstag am 29.12.2000

Er war einer jener Erfinder, die ihr Leben lang mit Misserfolgen und Rückschlägen zu kämpfen hatten. Seinem Einfallsreichtum und einem glücklichen Zufall jedoch ist es zu verdanken, dass heute rund um die Welt Millionen von Reifen und Antriebsriemen für Bewegung sorgen. Charles Goodyear wurde vor 200 Jahren am 29. Dezember 1800 in New Haven im amerikanischen Bundesstaat Connecticut geboren. Er wollte eigentlich Priester oder Rechtsanwalt werden, erlernte aber den Beruf eines Mechanikers, um später das väterliche Geschäft zu übernehmen. In Philadelphia eröffnete er eine Eisenwarenhandlung, die anfangs gut lief. Aber so geschickt er als Mechaniker war, so ungeschickt stellte er sich als Geschäftsmann an. Schon bald ging ihm das Geld aus und er musste ins Schuldgefängnis.
1814 begann er sich für Kautschuk zu interessieren. Zu der Zeit hatte man erkannt, dass Gummi ein wertvoller Wasserschutz sein konnte, deshalb hatte man den Werkstoff bereits zur Herstellung von Regenmänteln verwendet. Unglücklicherweise wurde Gummi bei kaltem Wetter steif wie ein Brett und bei warmen Wetter weich und klebrig. Goodyear wollte diese Mängel beseitigen. Er war kein Chemiker, aber ganz in der Tradition der Tüftler des 19. Jahrhunderts nahm er sich vor, nichts unversucht zu lassen, bis er eine Lösung für das Problem finden würde.

Mit einer Bratpfanne begann er seine ersten Versuche, erhitzte Kautschuk darin und walzte ihn mit einem Nudelholz flach. Nach dem Abkühlen formte er aus dem Fladen Schuhe für seine Kinder, die aber in der Sommerhitze sofort weich wurden und auseinanderflossen. Trotzdem verlor er nicht den Mut und begann von neuem. Er stellte durch Beimischung von Kreide und Magnesium unter Erhitzung Kautschukfelle her, die dem Sonnenlicht gut widerstanden. Die Akademie der Wissenschaften in New York verlieh ihm dafür eine eigens geprägte Medaille. Später ersetzte er Kreide und Magnesium durch Bronzepulver, das er dann aber wieder durch Salpetersäure herauslöste. Sein Verfahren der ?oberflächlichen Anwendung von Kupfer oder Wismut mit Salpetersäure? nannte er ?Acid-Gas-Verfahren? und ließ es sich patentieren.

Etwa 1836 traf er Nathaniel Hayward, den früheren Vorarbeiter einer Gummifabrik, der durch den Zusatz von Schwefelpulver dem Kautschuk die Klebrigkeit genommen hatte. Goodyear erwarb die Patentrechte Haywards und kombinierte nun dessen Methode mit seiner eigenen. Durch weitere Versuche gelang es ihm schließlich, einen Gummi herzustellen, der alle bisherigen Erzeugnisse an Haltbarkeit übertraf.

Zufällig kam 1839 etwas von der Mischung mit einem heißen Ofen in Berührung. Zu seinem Erstaunen war der Teil, der nicht zu sehr verbrannt war, zu trockenem, biegsamen Gummi geworden, der seine Flexibilität auch bei niedrigen Temperaturen beibehielt und in der Wärme trocken blieb. Er begann, die Kautschuk-Schwefel-Mischungen auf höhere Temperaturen zu erhitzen, als es irgend jemand vor ihm versucht hatte, und entdeckte so den ?vulkanisierten Gummi?, den er sich 1844 patentieren ließ.

Unglücklicherweise war das Verfahren sehr leicht nachzuahmen. Goodyear verbrachte viel Zeit damit, Verstöße gegen sein Patent zu bekämpfen. Erst 1852 bekam er vor Gericht sein Recht. Nach weiteren Misserfolgen und Rückschlägen half ihm sein Schwager mit 40000 Dollar zur Errichtung einer Fabrik in Naugatuck, Connecticut. Dort lief die Produktion langsam, aber sicher an und die Aufträge häuften sich. Er verkaufte nun Lizenzen und reiste nach London und Paris, um für seine Erfindung zu werben. Nun war er zwar wohlhabend und erfolgreich, lebte aber leider weit über seine Verhältnisse. Auf der Weltausstellung in Paris 1855 gab er allein 125000 Dollar für seinen Ausstellungsstand aus. Danach war er ruiniert und auch diesmal blieb ihm das Schuldgefängnis nicht erspart.
1858 kehrte er als gebrochener Mann, müde und krank von zahllosen Entbehrungen nach Amerika zurück. Um die Überfahrt bezahlen zu können, musste er sogar den Schmuck seiner Frau verkaufen.
Einer seiner Freunde charakterisierte ihn ganz treffend folgendermaßen: ?Sieht man einen Mann, welcher einen Kautschukmantel, Gummischuhe, einen Hut aus Kautschuk trägt und in seiner Tasche einen Geldbeutel aus Gummi hat, worin kein Geld ist, so kann man sicher sein, dies ist Goodyear.? [1]
Verarmt starb er in Washington am 1. Juli 1860.
Jürgen Lange

[1]Das Zitat ist dem Buch ?Gummi – Die elastische Faszination? entnommen, in dem viele interessante und reich bebilderte Geschichten rund um den biegsamen Werkstoff versammelt sind. Es kann zum Preis von 78,00 DEM + Versandkosten beim Dr. Gupta Verlag bestellt werden.
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